Hunde in der Großstadt

Zahlen, Daten, Fakten

Ich bin seit Jahren im Hundesport und Begleithundebereich aktiv und setze mich selbstverständlich auch in der Politik für ein respektvolles Miteinander zwischen Hunden und Menschen ein. Warum liegt mir dieses Thema am Herzen? Es werden immer mehr Hunde in Wien angemeldet -Tendenz steigend und von den Dunkelziffern ganz zu schweigen. 

Laut offizieller Statistik, die auf den Daten über die Entrichtung der städtischen Hundeabgabe beruht, gab es in Wien 2019 insgesamt 55.099 Hunde. Die Zahl der Hunde in Wien hat sich im Zeitraum 2002 bis 2015 von circa 47.000 Hunden auf circa 56.000 Hunde erhöht. Die meisten registrierten Hunde gibt es im flächenmäßig größten Wiener Gemeindebezirk, der Donaustadt, die wenigsten in der Josefstadt. Um weiter nackte Zahlen zu bedienen, gibt es noch einen weiteren beeindruckenden Punkt in Bezug auf Hunde in Wien: 2014 wurden circa 21,8 Millionen Sackerl entsorgt, das entspricht fast 60.000 Sackerln pro Tag. Die Stadt Wien stellt pro Jahr circa 24 Millionen Sackerl in den derzeit mehr als 3.000 Sackerlspendern zur Verfügung. Bewusstseinskampagnen und strenge Kontrollen durch die Waste Watcher (Überwachungsorgane der öffentlichen Aufsicht zur Einhaltung des Wiener Reinhaltegesetzes) sorgen dafür, dass Wien weiterhin sauber bleibt.

Es gibt zwei Kategorien von Tieren. Die eine glaubt, dass es zwei Kategorien von Tieren gibt, und die andere hat darunter zu leiden.

Richard Daivd Precht – Philosoph und Publizist

Wie aus dem ersten Abschnitt zu erkennen gibt es doch eine Menge statistischer Werte in Bezug auf Hunde. Aber reicht es, Hunde nur in Statistiken und banale Zahlen zu pressen?

Hund schaut auf PC

Hunde in der Großstadt: Fluch oder Segen?

Wie Sie sehen, gibt es eine Menge statistischer Werte in Bezug auf Hunde. Aber reicht es, Hunde nur in Statistiken und banale Zahlen zu pressen? Nein, denn gerade in Zeiten von Corona und der damit einhergehenden Isolation haben viele Menschen in ihrem Hunden einen „Partner“ gefunden. Jemand mit dem man sich nicht alleine fühlt, mit dem man kuscheln kann oder den man einfach nur umsorgen kann. Hunde sind also in vielen Fällen der Ersatz für einen menschlichen Partner oder Ersatz für ein Kind, das man sich immer gewünscht hat, aber mit dem es leider nie geklappt hat. Das mag alles sehr schön und harmonisch klingen, aber ist das auch im alltäglichen Leben so?
Leider nein. Immer wieder muss man über Problemsituationen mit Hunden in der Großstadt lesen: Angefangen von Streitereien unter Hunden bis hin zu Übergriffen auf Menschen. Woran liegt das? Sind es tatsächlich die „gefährlichen“ Hunderassen? Haben wir in Wien wirklich Kampfhunde und muss man jetzt Angst haben, wenn man sich am Sonntag seine Zeitung fürs Frühstück kaufen geht? Oder liegt die Verantwortung vielleicht doch am Halter selbst?
Ich möchte hier niemanden vorverurteilen und behaupten dass viele Menschen keine Ahnung von Hundeerziehung haben, jedoch kann man täglich Hundebesitzer beobachten, die an einer gespannten Leine hinter ihrem Hund nachgezogen werden. Oder welche, die „die ersten Hundebegegnungen“ an der Leine stattfinden lassen, was nicht zwangsläufig gut gehen muss. Und da spreche ich noch gar nicht von Haltern, die ihre Tiere vermenschlichen und zu etwas machen, wofür Hunde erst gar nicht geboren wurden und was in keinster Weise in ihrem Naturell liegt.


Es fehlt des Öfteren an dem Verständnis für das Tier per se, z.B.: Wie kann ich mit meinem Hund eine funktionierende Kommunikation aufbauen? Wie vermittle ich dem Tier was ich von ihm möchte? Wie gebe ich dem Tier die Sicherheit, die es braucht um entspannt durch den oftmals stressigen Alltag einer Großstadt zu gehen?

Für all diese Situationen gibt es kein Allheilmittel. Hierzu gehört viel Hintergrundwissen und vor allem viel Rassenwissen, da nicht jede Hunderasse gleich „tickt“. Bei diesen Themen helfen keine Rasselisten – das Interesse muss vom jeweiligen Hundebesitzer selbst ausgehen, jedoch müssen sich die Besitzer „starker Rassen“ viel mehr Hundewissen aneignen, als Besitzer einfach Hand zu habender Rassen. Auch hier ist darauf zu achten, welches Tier man sich anschafft, da leider aufgrund der unzähligen Zwangszüchtungen viele der Hunde nicht mehr zu „lesen/verstehen“ sind – selbst für andere Hunde (z.B. durch stark verkürzte Schnauzen, anatomisch bedingtes Grunzen, keine Rute). Man kann also klar erkennen, dass der Besitz und die Haltung eines Hundes, egal wie groß und schwer, eine große Verantwortung mit sich bringt! Und, selbst wenn vor dem Gesetz der Hund noch immer als Sache gilt, haben wir alle ein Lebewesen mit Gefühlen und Stimmungen an der Leine.

Was kann die Politik tun?

Wäre es nicht sinnvoll die bestehenden Gesetzmäßigkeiten für Hunde in der Großstadt zu evaluieren und neu zu denken? Wäre es nicht sinnstiftend zu überlegen, die Rassenliste durch neue Trainingsmethoden zu ersetzen? JEDEN Hundebesitzer mit seinem Vierbeiner in die Hundeschule zu schicken? Hundeschulen aufgrund der zu erwartenden erhöhten Frequenzen mehr in die Verantwortung zu nehmen und mit neuen, den Wohngebieten angepassten, Hundetrainingsangeboten auszustatten? Darauf zu achten, dass die Besitzer die Körpersprache der Hunde allgemein lernen zu lesen? 

Es ist unbestritten, dass ein Übergriff von Hunden auf Menschen unakzeptabel ist und bleibt, jedoch kann ein entsprechend gut ausgebildeter Hundebesitzer viele Zeichen seines Tieres bereits vorzeitig erkennen und dementsprechend handeln. Ein richtig geführter Hund wird nicht auf die Idee kommen, jemand anderen, egal ob Menschen oder Hunde zu attackieren. Des Weiteren würde eine gelbe Schleife an Leine oder Halsband, in Kombination mit oben erwähnten Änderungen, auch eine Erleichterung im Miteinander schaffen, um Menschen zu signalisieren, dass der gekennzeichnete Hund keinen Kontakt möchte. Dies kann viele Gründe haben: Angefangen von einer lapidaren Augenentzündung, über „ist im Training“ bis hin zu „will einfach keinen Kontakt“. Jeder verantwortungsvolle, gut ausgebildete Hundebesitzer wird lieber Änderungen dieser Art umsetzen, als einfach mit einer Rasseliste leben zu müssen. Bedenken Sie bitte: Aggressiv wird kein Hund geboren, wenn verantwortungsvoll gezüchtet wurde!